Stakeholder-Vertrauen
In Kürze: Stakeholder-Vertrauen
Vertrauen ist der Anfang von allem. Ich zögere, einen alten Slogan eines Bankinstituts zu übernehmen. Im Zusammenhang mit der Entwicklung zu einer lernenden Organisation und dem Streben nach von geschäftlicher Agilität fasst er jedoch die größte Herausforderung perfekt zusammen: Wie können wir die Etablierten der Organisation, die ein Interesse am Status quo haben, davon überzeugen, die neue Arbeitsweise zu akzeptieren? Begleiten Sie mich und erfahren Sie, wie sich Misstrauen manifestiert und was wir tun können, um Stakeholder-Vertrauen zu gewinnen.
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Vertrauen nach dem Scrum Guide
Vertrauen ist die Grundlage von Scrums empirischem Ansatz, der Transparenz, Inspektion und Adaption ermöglicht. Dennoch wird Vertrauen im Scrum Guide 2020 nur einmal im Zusammenhang mit den Scrum-Werten erwähnt:
These values give direction to the Scrum Team with regard to their work, actions, and behavior. The decisions that are made, the steps taken, and the way Scrum is used should reinforce these values, not diminish or undermine them. The Scrum Team members learn and explore the values as they work with the Scrum events and artifacts. When these values are embodied by the Scrum Team and the people they work with, the empirical Scrum pillars of transparency, inspection, and adaptation come to life building trust.
Quelle: Scrum Guide 2020.
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Die spärliche Erwähnung des Themas Vertrauen im Scrum Guide sollte Sie nicht überraschen, denn der Leitfaden konzentriert sich darauf, wie Sie Scrum für Ihr Unternehmen nutzbar machen können, sobald Sie es für sinnvoll halten und das Unternehmen die Entscheidung für seine Einführung unterstützt. Scrum ist eine sehr effektive Praxis, und das zeigt sich auch im Scrum Guide, welcher die miteinander verknüpften Aspekte dieses Systems detailliert beschreibt. Im Scrum Guide geht es jedoch weniger um die Voraussetzungen für seine Einführung in einer Organisation.
In der Praxis stellt sich heraus, dass genau diese Voraussetzungen regelmäßig die größten Hindernisse für die Einführung von Scrum darstellen, denn Scrum eignet sich hervorragend, um die Dysfunktionen einer Organisation zu durchleuchten. Selbstmanagement im Sinne von Scrum drängt viele Menschen auf unangenehmes Neuland, sei es die Forderung, als Teammitglied mehr Verantwortung zu übernehmen oder eine hart erarbeitete Position in der Managementhierarchie in Frage zu stellen: „Ich vertraue meine Karriere, meine Fähigkeit, meine Hypothek zu bezahlen und meine Kinder durch die Uni zu bringen, nicht einem Haufen Hoodie-tragender Nerds an.“
Wie sich mangelndes Stakeholder-Vertrauen bemerkbar macht
Das Unbehagen von Personen außerhalb eines Scrum-Teams, die mit einem Scrum-Team zusammenarbeiten müssen — gemeinhin als Stakeholder bezeichnet —, äußert sich häufig in einer Art der Zusammenarbeit, die nicht von Wohlwollen gegenüber dem Team, sondern von Misstrauen geprägt ist. Dieses mangelnde Stakeholder-Vertrauen äußert sich in verschiedenen Formen, zum Beispiel:
Mangelndes Stakeholder-Vertrauen auf organisatorischer Ebene
- Finanzierung nach Aufwand: Das Scrum-Team wird von den Stakeholdern ständig in der Schwebe gehalten, ob es weiter finanziert oder aufgelöst werden soll.
- Interne Agentur: Stakeholder ermächtigen Scrum-Teams nicht dazu, Kundenprobleme zu lösen. Stattdessen übergeben die Stakeholder den Scrum-Teams Listen mit Aufgaben, die sie erledigen sollen.
- Stage-Gate®, nicht Selbstmanagement: Stakeholder genehmigen Inkremente und entscheiden über Releases.
- Berichtsgetriebene Managementkultur: Stakeholder verlangen diverse Berichte von Scrum-Teams, weigern sich aber zum Beispiel, an Sprint Reviews teilzunehmen.
- Unnütze Metriken: OKRs basieren auf Output-Metriken, anstatt durch das gewünschte Ergebnis bestimmt zu werden.
- Command & Control: Stakeholder setzen willkürliche Fristen, um Scrum-Teams zu höheren Leistungen zu treiben.
- Mangelndes Durchhaltevermögen: Scrum wird in dem Moment aufgegeben, in dem eine Herausforderung am Horizont auftaucht.
Mangelndes Stakeholder-Vertrauen auf der Ebene der Mitarbeiter
- Teambildung I: Vorgesetzte und die Personalabteilung haben das letzte Wort bei der Einstellung und Entlassung neuer Teammitglieder.
- Teambildung II: Stakeholder und Vorgesetzte weisen Teammitglieder den Scrum-Teams zu, ohne das Team selbst zu konsultieren.
- Keine ungeplanten Zeiten: Vorgesetzte halten die Auslastung der Teammitglieder hoch. (Eine steigende Velocity wird als Erfolgszeichen betrachtet.)
- Teilrollen innerhalb von Scrum-Teams: Vorgesetzte bestehen darauf, „Führungspositionen“ innerhalb des Teams zu schaffen. Es gibt leitende Entwickler oder leitende Designer.
- Hierarchien innerhalb von Scrum-Teams: Vorgesetzte schaffen Berichtshierarchien innerhalb von Scrum-Teams; so berichten beispielsweise Junior-Entwickler an Senior-Entwickler.
- Ressourcen & VZÄ: Vorgesetzte verschieben „Ressourcen“ zwischen Teams, ohne die betroffenen Teams und Mitarbeiter zu konsultieren.
- Anreize & Boni: Die Organisation gewährt persönliche Anreize für einzelne Teammitglieder, anstatt das gesamte Scrum-Team zu incentivieren.
Mangelndes Stakeholder-Vertrauen auf der Ebene der Arbeitsabläufe
- Keine Kultur des Scheiterns: “Failure is not an option.” (Achtung: Das Lösen komplexer adaptiver Probleme ist von Natur aus fehleranfällig.)
- Arbeiten in Strukturen funktionaler Silos: Der Vertrieb hindert die Mitglieder des Scrum-Teams daran, direkt mit den Kunden zu sprechen.
- Abhängigkeiten I: Die Entwickler haben nicht die Freiheit, ihre Werkzeuge zu wählen.
- Abhängigkeiten II: Die Entwickler können nicht selbst entscheiden, wie sie Produkt-Backlog-Elemente in Inkremente umsetzen. Ein externer Softwarearchitekt legt zum Beispiel Lösungen im Voraus fest.
- Auferlegte Prozesse: Die Organisation erstellt detaillierte Prozesse in Jira oder einem anderen Projektmanagement-Tool, die sich der Kontrolle des Teams entziehen, und entmündigt damit die Teammitglieder. So ist es den Teammitgliedern etwa nicht gestattet, Einträge zu löschen oder Prozessänderungen vorzunehmen.
- Genehmigungsinstanzen: Scrum-Teams können nicht selbst entscheiden, wie sie ihre Budgets für Schulungen oder Bücher ausgeben.
Wie man als Scrum-Team das Vertrauen der Stakeholder gewinnt
Seeing is believing. Meiner Erfahrung nach besteht ein vielversprechender Weg, um Stakeholder-Vertrauen aufzubauen, darin, als Scrum-Team regelmäßig wertvolle Inkremente zu liefern und damit die internen und externen Stakeholder erfolgreich zu machen. Um diesen Grad an routinemäßiger Wertschöpfung zu erreichen, müssen Sie Ihre Stakeholder jedoch in die Arbeit Ihres Teams einbeziehen, jedem eine Stimme geben und ihnen das Gefühl vermitteln, dass sie gehört werden. Nützliche Praktiken auf diesem Weg sind zum Beispiel:
- Liefern Sie regelmäßig in jedem einzelnen Sprint ein wertvolles Inkrement und nehmen Sie als Scrum-Team eine unterstützende Haltung ein: Lassen Sie Ihre Stakeholder gut aussehen.
- Stakeholder ausbilden: Veranstalten Sie Workshops darüber, wie agile Produktentwicklung funktioniert. Gehen Sie nicht davon aus, dass Ihre Stakeholder mit den Feinheiten von „Agile“ oder Scrum vertraut sind. (Mehr erfahren: App Prototyping with Absolute Beginners – Creating a Shared Understanding of How Empiricism Works.)
- Erstellen Sie ein umsetzbares Produkt-Backlog, indem Sie ein transparentes Produkt-Entdeckungssystem entwerfen, das jeden dazu ermutigt, einen Beitrag zu leisten. Wenn Ihr Produkt-Backlog-Prozess willkürlich erscheint, wird jeder Beteiligte sich auf die Verfolgung seiner (persönlichen) Ziele konzentrieren, anstatt sich am Gesamtkonzept der Organisation zu orientieren.
- Informieren Sie umfassend über alle Aspekte der Arbeit Ihres Scrum-Teams. Es ist in Ordnung, wenn Sie sich in dieser Hinsicht wiederholen. (Mehr erfahren: 11 Proven Stakeholder Communication Tactics during an Agile Transition.)
- Üben Sie radikale Offenheit: Sprechen Sie Probleme, die sich auf den Umfang oder die Liefertermine auswirken, offen an und kommunizieren Sie die zugrunde liegenden Sachverhalte sofort.
- Führen Sie User Story Mapping-Workshops durch, um von Ihren Stakeholdern zu lernen, diese in den Entdeckungsprozess einzubeziehen und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Wenn Ihre Stakeholder erst einmal „Teil“ der Lösung sind, werden sie mehr Vertrauen fassen.
- Ignorieren Sie nicht die Bedürfnisse Ihrer Stakeholder. Die Frage „wie viel kostet es und wann kann ich es haben“ ist berechtigt; Ihre Stakeholder müssen auch ihre Ziele erfüllen.
- Zeigen Sie Einfühlungsvermögen. Versuchen Sie, sich in die Lage Ihrer Gesprächspartner hineinzuversetzen, z. B. in die Rolle eines Vertriebsmitarbeiters, der versucht, seine Quote zu erfüllen.
- Beziehen Sie Stakeholder in Sprint Reviews ein und organisieren Sie regelmäßige Meta-Retrospektiven.
- Wenn nötig, schreiben Sie Berichte, um den Informationsbedarf Ihrer Stakeholder zu decken. Finden Sie aber auch heraus, warum jene diese Berichte brauchen und unterstützen Sie sie dabei, etwas Besseres zu finden.
Stakeholder-Vertrauen — das Fazit
Erwarten Sie nicht, dass alle Ihre Stakeholder von Ihrem Team begeistert sind, nur weil Sie Scrum oder andere agile Praktiken anwenden; das Stakeholder-Vertrauen muss man sich verdienen. Der beste Weg dazu ist, Ihre Stakeholder erfolgreich zu machen, indem Sie regelmäßig wertvolle Inkremente liefern und Ihre Stakeholder in den Prozess einbeziehen, um herauszufinden, was es wert ist, entwickelt zu werden.
Abhängig von Ihrer Branche und Ihrer Unternehmenskultur ist dies nicht unbedingt ein geradliniger Prozess. Seien Sie also darauf vorbereitet, dass Sie auf dem Pfad einige Umwege machen müssen, die nicht im Scrum Guide beschrieben sind.
Wie gewinnen Sie das Vertrauen Ihrer Stakeholder? Bitte teilen Sie uns Ihre Erfahrungen in den Kommentaren mit.
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Tags: Agile transformation, Interessenvertreter, Scrum Anti-Muster, Scrum First Principles